Auerbacher Synagogenverein | |||||||||||||||||||||||||
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Veranstaltungsübersicht des Auerbacher Synagogenvereins 2015Alle Veranstaltungen finden in der ehemaligen Synagoge
Bensheim-Auerbach, Bachgasse 28 statt. Rückblicke über die Veranstaltungen der Jahre 2011- 2014 samt Zusatzmaterial:
Mittwoch, 21. Januar 2015:JahreshauptversammlungWie
in jedem Jahr gab der Vorstand bei der Mitgliederversammlung
einen Überblick über die Aktivitäten des Vereins und legte
Rechenschaft ab über die Finanzen. In diesem Jahr stand auch die
Neuwahl des Vorstandes an. Eine Film/Fotopräsentation erinnerte an den
Besuch der jüdischen Gemeinde aus Amersham und an die Jubiläumsfeierlichkeiten. Der neue Vorstand des Auerbacher Synagogenvereins: 1. Vorsitzende: Dr. Angelika Köster-Loßack 2. Vorsitzender: Karlheinz Storch Schriftführerin: Gisela Reck Kassenwart: Wolfgang Müller Beisitzer: Dr. Michael Löbl, Hille Krämer, Hannelore Volk, Alfons Schmidt, Heinz Frassine Mittwoch, 18. Februar 2015:Vortrag "Israel - Staat und Religion"Vortrag von den Schülerinnen Sonja Peeters und Klara Sweeneey über ihre preisgekrönte Arbeit Für ihre beeindruckend kenntnisreiche Arbeit hatten die Schülerinnen von der Hessischen Landeszentrale für politische Bildung den 2. Preis erhalten. Dr. Angelika Köster-Loßack gab an diesem Abend eine kurze Einführung, bevor beide die Ergebnisse ihrer Arbeit vortrugen, die anschaulich ergänzt war durch Bildmaterial. Als Ziel definierten sie: „Vor dem Hintergrund des Konfliktes mit den Palästinensern um das Heimatland soll die Bedeutung der Religion in Israel und die Staatsform aus heutiger Sicht dargestellt werden“. Es geht in erster Linie um den Einfluss der Religion auf die Politik, aber auch auf die private Lebensführung. Schon die Bezeichnung „jüdischer demokratischer Staat“ zeigt das Problem, nämlich keine Trennung von Staat und Religion. Die Autorinnen verdeutlichen es am Ehe- und Scheidungsrecht, bei dem religiöse Gesetze zugleich staatliche sind, bindend auch für die nichtreligiöse Bevölkerung. Unstimmigkeiten regeln Rabbinatsgerichte. Noch extremere Beispiele über die Rolle der Frau enthält das Kapitel über die ultraorthodoxe Bevölkerungsgruppe, obgleich der Staat seinen Bürgern Gleichberechtigung ohne Unterschied von Religion, Rasse und Geschlecht zusichert. Bei
der Erklärung der Staatsordnung wurden einige Parteien ausführlich
vorgestellt. Zur letzten Wahl waren 34 Parteien angetreten, 12
schafften die 2%-Hürde. Die Bildung von Koalitionen ist daher die
Regel. Aber auch oberhalb von Parteien und Parlament wacht das
orthodoxe Oberrabbinat über die Einhaltung der
Religionsvorschriften. Auf
der Grundlage all dieser Erkenntnisse schloss sich noch eine
Diskussion über die aktuellen Aussichten auf eine Wiederaufnahme des
Friedensprozesses nach den Märzwahlen an. Mittwoch, 25. März 2015:Konzert des "Jerusalem Duo" (Hila Ofek, Harfe, André Tsirlin, Saxophon)Werke aus Klassik und israelischer FolkoreDas Duo versteht sich als eine
neue Stimme in der Welt der klassischen Kammermusik. Im
Zusammentreffen eines der ältesten und eines der jüngsten
Instrumente der Musikgeschichte eröffnet sich ein bislang selten
gehörtes Klangerlebnis, denn in der von den beiden Musikern
dargebotenen Kombination erklingen Harfe und Saxophon in schönster
Harmonie. Von kenntnisreicher und
unterhaltsamer Moderation begleitet, nehmen Hila Ofek und André
Tsirlin das Publikum mit auf eine musikalische Reise, die Klassik und
jiddische Lieder miteinander verbindet. Musik wird zur universalen,
völkerverständigenden Sprache der Seele, zu einer Ausdrucksform, die
sich jedem Zuhörer ganz unmittelbar erschließt.
Hila Ofek ist 1990 in Tel Aviv
geboren, André Tsirlin 1988 in Irkutsk. Beide haben an der Jerusalem
Academy of Music & Dance studiert, nahmen an Meisterkursen teil
und haben zahlreiche Preise errungen, u.a. beim Israelischen
Harfenwettbewerb und dem Israelischen Saxophonwettbewerb. Als
Solistin trat Hila Ofek u. a. mit Giora Feidman und mit dem Jerusalem
Symphony Orchestra auf und spielte 2011 mit den Berliner
Philharmonikern. An der Hochschule für Musik in Frankfurt erwirbt
sie zurzeit den Master-Abschluss. André Tsirlin gewann ein
Stipendium der America-Israel Culture Foundation und trat als Solist
mit mehreren Orchestern auf, darunter dem Als Solisten und als Duo konzertieren sie inzwischen in ganz Europa, Israel und Russland. Mittwoch, 22. April 2015:Vortrag "Die heilige Beerdigungsbruderschaft 1739 im Amte Starkenburg". Referent: Thilo Figaj.Der Jüdische Wohltätigkeitsverein im Amte Starkenburg mit Sitz in Lorsch Das Netz jüdischer Wohltätigkeit war zu Beginn des 20. Jahrhunderts vor allem in den großen Städten eng geknüpft. So zählte 1911 allein die Stadt Frankfurt 113 Vereine, Stiftungen und Anstalten. Aber auch auf dem Lande im Großherzogtum Hessen, zu dem Frankfurt nicht zählte, widmeten sich zu dieser Zeit 134 jüdische Vereine vornehmlich der Wohltätigkeit, also sozialen Zwecken, wie man heute sagen würde. Eine besondere Stellung in unserer Region nahm die bereits 1739 in Lorsch gegründete „Chevra Kadischa“ ein, die Heilige Wohltätigkeitsbrüderschaft. Nach dem seit 1609 in Worms bestehenden „Gemilus Chesed“, dem Männer- und Frauenverein, war sie der älteste Verein dieser Art im späteren Großherzogtum Hessen. Die Stadt Worms, zusammen mit Mainz und Speyer die Wiege des askenasischen, des deutschen Judentums, hatte 1615 ihre jüdischen Bürger vertrieben. Der Aufruhr war eine indirekte Folge des „Fettmilch“-Aufstandes von Frankfurt. Hier hatte das Bürgertum gegen die Patrizier rebelliert, die Austreibung der Juden, die – wieder einmal – an allem Schuld gewesen sein sollten, traf die schwächste Gruppe. Der Kaiser, unterstützt vom Hessischen Landgrafen und dem Kurmainzer Kirchenstaat, restituierte ihre Stellung bald wieder und die Juden kamen zurück. Ähnlich verhielt es sich im Erzstift Worms, doch waren viele Juden über den Rhein ins Hessische geflüchtet. Hier in Gernsheim, wo einige schon mehrmals versucht hatten sich niederzulassen, starb ihr Rabbiner Samuel Bacharach. Einen Begräbnisplatz für ihn fand man schließlich in Alsbach. Einige Juden blieben rechts des Rheines, andere kehrten zurück in die Stadt. Nun brach der 30-jährige Krieg aus. In seiner Folge zerbrachen die alten Gesellschaftsstrukturen. Die Juden verließen ihre Jahrhunderte alten städtischen Ghettos und zogen mit ihren Sippen in Hessisches und auch Kurmainzer Gebiet, das die vormals judenfeindliche Kurpfalz nun an das Erzbistum zurückgeben musste. Ein besonderer Grund für die jüdische Besiedlung an der Bergstraße, durch die ja die Grenze zwischen Hessen und Mainz verlief, war die Anlage des Alsbacher Begräbnisplatzes. Seine Verfügbarkeit für die hessischen Juden, bis hinunter nach Auerbach war kein Problem. Schwieriger war es für Juden in Kurmainz, in Heppenheim und Bensheim, in Lorsch und Biblis. Sie mussten eine Steuer auf ihre Toten bezahlen, wenn sie z.B. über die Wattenheimer Brücke in hessisches Gebiet zum einzig verfügbaren Begräbnisplatz Alsbach kamen. Weil viele arme Juden der heiligen Pflicht ordnungsgemäßer Bestattung nicht mehr nachgekommen waren, aber auch zur Kranken- und Altenpflege, gründeten sie in Lorsch einen Verein zur gegenseitigen Unterstützung. Aus diesem Verein ging 1812 die „Gesellschaft zur Ausstattung der Bräute“ hervor. Nach dem Erlöschen des Kirchenstaates waren die Kurmainzer Gebiete zum Großherzogtum gekommen. Die sozialen Aufgaben des Lorscher Vereins wurden vielfältiger, die Gemeinschaft wuchs um Mitglieder auch aus den Orten der vormaligen hessischen Landgrafschaft, wie z.B. aus Auerbach. Es ist dem aus Lorsch gebürtigen Rabbiner Dr. Moritz Mainzer zu verdanken, dass die Geschichte des Vereins und ihrer Mitglieder nicht in Vergessenheit geriet. Der Lehrer aus Frankfurt schrieb sie 1914 auf. Er nutzte die damals noch vorhandenen Unterlagen und lieferte mit Namenslisten und Daten einen heute unschätzbar wertvollen Beitrag zur Erforschung der jüdischen Familiengeschichte an der Bergstraße. Bei der Ausplünderung und Brandschatzung der Lorscher Synagoge sind die Originalzeugnisse für immer verloren gegangen. Moritz Mainzer wurde selbst unmittelbares Opfer der Pogrome im November 1938. Anhand seiner „Gedenkblätter zur Erinnerung an das 175-jährige Bestehen des Wohltätigkeitsvereins im ehemaligen Amt Starkenburg“ wurde im Vortrag des Lorschers Thilo Figaj das Leben und Sterben in unseren kleinen jüdischen Landgemeinden skizziert, wie es für diese Zeit typisch war. „Im Mittelpunkt alles Denkens und Schaffens unserer Ahnen stand das innere jüdische Leben, das echter Menschenliebe und edlem Wohltun geweiht war,“ hieß es 1916 in einer Besprechung von Mainzers Schrift im „Frankfurter Israelitischen Familienblatt“. Donnerstag, 14. Mai 2015Vortrag "Shir ha Shirim, ´Das Hohelied´ in der Übertragung Martin Bubers"Vortrag von Prof. Dr. Dr. h. c. Daniel Krochmalnik, geb.: 19. April 1956 in München, Studium der Philosophie und Judaistik in München, 1988 Promotion; 1990 Dozent für jüdische Philosophie und Geistesgeschichte an der Hochschule für Jüdische Studien in Heidelberg. 1999 Habilitation an der Karl-Ruprecht Universität Heidelberg, Von wegen: Judentum = Gesetzesreligion, Christentum = Religion der Liebe. Das Hohe Lied der Liebe steht im Alten Testament. Noch Goethe, der zweifellos etwas vom Thema verstand und das Hohe Lied übersetzt hat, meinte, es sei das „Zarteste und Unnachahmlichste, was uns von Ausdruck leidenschaftlicher und anmutiger Liebe zugekommen ist“. Aber, was hat diese Liebesdichtung, in der der Name Gottes nicht eigens vorkommt, in der Bibel zu suchen? Das biblische Buch hat in der jüdischen Tradition keineswegs ein kümmerliches Dasein gefristet. Im Talmud steht, wenn alle Bücher in der Heiligen Schrift heilig sind, dann ist das Hohe Lied das Allerheiligste. Es gehört zu den Rollen, die regelmäßig im Gottesdienst gelesen wurden und seine erotischen Metaphern sind in vielen Gebeten eingegangen. Wie ist das Hohelied in der jüdischen Tradition ausgelegt worden? Wie stehen die modernen Aufassungen und Übersetzungen zum traditionellen Verständnis? Zur 50. Jahrzeit des Religionsphilosophen und Bibelübersetzers Martin Buber sollte ein besonderes Augenmerk auf seine Hohelied-Übersetzung gelegt werden. Sonntag, 07. Juni 2015:Exkursion zur Mannheimer jüdischen Gemeinde, ihrer Synagoge und dem FriedhofAbfahrt Auerbach mit dem Bus, Bürgerhaus Kroneparkkurzer Halt am Bahnhof Bensheim zum Zusteigen Führung in der Mannheimer Synagoge Mittagessen (Café Journal am Marktplatz) Fahrt zum Friedhof in Mannheim-Feudenheim Führung auf dem Friedhof Donnerstag, 18.Juni 2015:Vortrag "Martin Buber - Der Prager Kreis und die Folgen des 1. Weltkrieges"Referent: Prof. Dr. Christian Wiese Zu
Beginn des Ersten Weltkrieges mit den geschichtlichen Umwälzungen
der Zeit hoffte Martin Buber wie viele andere auf eine verstärkte
Integration der jüdischen Minderheit. Zugleich sah er die Chance zu
einem wachsenden jüdischen nationalen „Gemeinschaftsgefühl“.
Der Vortrag skizzierte zunächst Bubers Haltung zum Krieg und widmete
sich dann vor allem der Kriegserfahrung dreier aus dem Prager
Judentum stammender zionistischer Intellektueller. Diese fühlten
sich Buber seit seinen berühmten „Reden über das Judentum“, die
er um 1911 in Prag gehalten hatte, als seine Schüler verbunden. Es
sind dies der Philosoph Hugo Schmuel Bergman, der Publizist Robert
Weltsch (1919-1938 in Berlin Herausgeber der „Jüdischen
Rundschau“) und der Historiker Hans Kohn. Alle drei setzten sich
mit den Folgen des europäischen Nationalismus auseinander und
unterstützten die politischen Ziele des Vereins Brit Schalom
(Friedensbund). Dieser Verein strebte ab 1925 in Palästina einen
binationalen Staat und einen friedlichen Ausgleich mit der arabischen
Bevölkerung an. Die existenzielle Konfrontation mit dem Krieg führte
bei ihnen zu recht unterschiedlichen persönlichen Entscheidungen mit
Blick auf den Zionismus: Während sich Kohn vom jüdischen
Nationalismus abwandte und 1933 in die USA auswanderte, flüchtete
Weltsch 1938 nach Palästina, verließ es aber schon vor der
Staatsgründung Israels. Nur Bergman blieb als Philosophieprofessor
in Jerusalem und versuchte dort die Ideale von Bubers Konzept eines
ethischen Nationalismus in der israelischen Gesellschaft
wachzuhalten. Christian Wiese ist seit 2010 Inhaber der Martin-Buber-Professur für jüdische Religionsphilosophie an der Goethe–Universität Frankfurt/Main. Vorher lehrte er an Universitäten in Sussex, Montreal und Dublin. Seine Forschungen konzentrieren sich auf jüdische Geistes- und Kulturgeschichte der Moderne, die Geschichte jüdisch-christlicher Beziehungen und die des Antisemitismus. Mittwoch, 09. September 2015, 19.30 Uhr:Vortrag: "50 Jahre Deutsch-Israelische Beziehungen"Referent: Mordechay Lewy, zuletzt Botschafter Israels am VatikanFoto des Referenten von Gerlinde Pfirsching Vor
50 Jahren, im Jahre 1965, 20 Jahre nach der Shoah und dem Ende des
zweiten Weltkrieges, wurden die diplomatischen Beziehungen zwischen
Deutschland und Israel endlich aufgenommen. Widerstände von beiden
Seiten, die eine frühere Aufnahme offizieller Beziehungen
verhinderten, waren sowohl innenpolitischer, als auch
außenpolitischer Natur. Die Entwicklung der Beziehungen nach 1965
soll aber nicht nur aus der Regierungsperspektive und aus der Sicht
der Parlamente analysiert werden, denn vielfältige
zivilgesellschaftliche Kontakte haben die letzten 50 Jahre intensiv
geprägt.
Mordechay Lewy ist ein genauer Kenner und klarer Analytiker
dieser historischen Entwicklung, da er als Diplomat des Staates
Israel diese selbst mitgestaltet hat. Zwischen 2000 und 2004 war er
israelischer Gesandter an der Botschaft in Berlin, von 2008 bis 2012
Botschafter beim Heiligen Stuhl im Vatikan. Wie sich die Themenkomplexe Schuld und Versöhnung, sowie Staatsräson und Erinnerung auf die staatlichen und gesellschaftlichen Beziehungen zwischen Israelis und Deutschen auswirken, ist von zentraler Bedeutung. Insbesondere um die Zukunft dieser Beziehungen in der dramatisch zugespitzten politischen Konfliktlage im Nahen Osten ging es bei dem Vortrag und der anschließenden Diskussion. Diese Zukunft wird durch die Wirksamkeit der Erinnerung an die Shoah und die Einsicht in die daraus erwachsende Verantwortung auf deutscher Seite bestimmt. Mittwoch, 07. Oktober 2015, 19.30 Uhr:Vortrag: "Margarete Susman - Zukunftsvisionen für Juden und Christen"Referentin: Rabbinerin Dr. Elisa Klapheck, Frankfurt a.M.
Ihr
Thema: „Margarete Susman – Zukunftsvisionen für Juden und
Christen“. Foto der Referentin von Gerlinde Pfirsching In der Verlagsankündigung
heißt es: Margarete
Susman (1872–1966) gehört zu den großen Vordenkern der jüdischen
Renaissance im frühen 20. Jahrhundert. Ihre Auseinandersetzung mit
dem Judentum richtet sich vor allem auch auf die Bedeutung, die
Religion für die Politik haben kann.
Dr. Elisa Klapheck setzt sich
erstmals und umfassend mit dem Gesamtwerk Susmans auseinander. Dabei
zeichnet sie die geistige Biographie einer zu Unrecht vergessenen
religiösen Denkerin und Philosophin nach, die in einer Reihe mit
ihren Freunden Georg Simmel, Martin Buber, Gustav Landauer, Ernst
Bloch oder Franz Rosenzweig zu nennen ist. Susmans Gedanken zur
geistigen Bedeutung des Judentums für Europa, über die Revolution,
die Frauenemanzipation, das Verhältnis von Religion und Staat und
nicht zuletzt über die Beziehung zwischen Judentum und Christentum
enthalten wichtige Anstöße für aktuelle Diskussionen.“ Die Referentin ist Rabbinerin der liberalen jüdischen Gemeinde in Frankfurt a.M. und war schon einige Male zu Gast beim Auerbacher Verein, zuletzt mit einem Vortrag über Wirtschaftsethik aus jüdischer Sicht. Mittwoch, 18.November 2015, 19.30 Uhr:Rezitation "Briefwechsel - Empfänger unbekannnt"Vorgetragen von Walter Renneisen und Sohn Mathias Renneisen Das Stück basiert auf dem Briefdrama der Amerikanerin Kressmann Taylor, das 1938 als Buch erschien - erfunden, aber aus dem Leben gegriffen, wie die Autorin damals bekundete. Es ist ein schriftlicher Dialog zwischen zwei Freunden am Anfang der 1930er Jahre: der eine ist Jude, in Amerika lebend, während der andere sich in Deutschland dem Nationalsozialismus anschließt, bis hin zum ideologischen Fanatismus. Im Verlauf der Ereignisse wird nicht nur das Ende der Freundschaft geschildert, sondern es kommt in dramatischer Zuspitzung zu niederträchtigem Verrat auf deutscher Seite, gefolgt von eiskalter Vergeltung, die mit gleicher Münze heimzahlt. Es ist "ein Lehrstück über die Vergänglichkeit menschlicher Werte". Nachwort zu dem 1938 von Kressmann Taylor geschriebenen Buch "Empfänger unbekannt" spricht Elke Heidenreich: Mittwoch, 09. Dezember 2015, 19.30 Uhr:Vortrag "Ausgegrenzt - Ausgebürgert - Ausgelöscht. Jüdische Familien an der Bergstraße"Referent: Oberstudiendirektor a.D. Klaus Knoche, Jugenheim Herr Klaus Knoche, zuletzt Schulleiter am Alten Kurfürstlichen Gymnasium in Bensheim, war Mitbegründer des Arbeitskreises „Runder Tisch – Wider das Vergessen“ in Seeheim-Jugenheim, der Nachforschungen betreibt über die früher ortsansässigen Juden und ihr Schicksal in der NS-Zeit. Am Beispiel zweier Familien schildert Klaus Knoche, wie nach 1933 der Antisemitismus unverhüllt auftrat und immer schlimmere Formen annahm: In Seeheim lebte die Familie Rosenfeld, die ihr Geschäft schließen und die zwei Söhne aus der Schule nehmen musste, außerdem ein Familienmitglied durch den Euthanasiemord in Hadamar verlor. In Jugenheim wohnte die Arztfamilie Brodnitz mit drei Kindern. Durch die „Judenvermögensabgabe“ wurde sie teilweise ihres Vermögens beraubt. Fast alle Jüngeren konnten auswandern, die Eltern und eine Tochter sowie die Witwe Rosenfeld überlebten die organisierte Vernichtung nicht. Im Vortrag werden die Ereignisse ausführlich geschildert. Die Ausgrenzung aus der Gesellschaft wird nachvollziehbar, auch wie schwierig es war, die Flucht oder die Aufnahme in einen Kindertransport zu organisieren. Klar zeigt sich, dass die deutsche Ärzteschaft ebenso wie die Justiz große Bereitschaft zeigten, das nationalsozialistische Gedankengut in konkretes Handeln bzw. in Gesetze und Verordnungen umzusetzen. Zur Sprache kommt auch, welchen Erfolg die Nationalsozialisten in einem Dorf wie Seeheim hatten, was in der Pogromnacht konkret geschah, wer die Täter waren und wie es noch in den 1990er Jahren schwierig war, über die Verbrechen zu sprechen. Anschaulich wird der Vortrag durch Familienbilder, die von den Nachfahren der Brodnitz und Rosenfelds in England und den USA beigesteuert wurden, ergänzt durch vielfältiges Bildmaterial zur Zeitgeschichte. |
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